Luft-, Raumfahrt und Verteidigung

Geräte und Systeme für den Einsatz in der Luft- und Raumfahrt müssen seit jeher höchste Anforderungen an eine störungsfreie Funktion erfüllen – insbesondere im Hinblick auf die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und Umwelttests unter einsatzspezifischen Bedingungen oder anderen speziellen Anforderungen.

Die Normenreihe RTCA DO-160, herausgegeben von der Radio Technical Commission for Aeronautics (RTCA), legt Mindestanforderungen zum Schutz von Luftfahrtelektronik gegenüber Umwelteinflüssen, einschließlich elektromagnetischer Verträglichkeit, fest. In der militärischen Luftfahrt der USA ist die Anwendung der MIL-STD-461 verpflichtend, während sie in der zivilen Luftfahrt und außerhalb der USA optional erfolgt. Die Norm definiert Prüfverfahren und Umweltanforderungen für die gesamte Bandbreite luftfahrttechnischer Geräte – von Leichtflugzeugen bis hin zu Überschallflugzeugen – und umfasst 26 Abschnitte zur Sicherstellung der zuverlässigen Funktion unter realen Einsatzbedingungen.

Die SGS ist nach internationalen Normen wie RTCA DO-160, MIL-STD-461 sowie MIL-STD-810 akkreditiert und führt darüber hinaus Prüfungen nach diversen Werksnormen durch. Unser Prüfspektrum reicht von der elektromagnetischen Verträglichkeit über die Gerätesicherheit bis hin zu Umweltsimulationen und Lebensdauerprüfungen. Besonders hervorzuheben sind unsere HALT-/HASS-Prüfungen, die vor allem in der Luftfahrtindustrie eine zentrale Rolle spielen.

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über die Anforderungen und unser Dienstleistungsangebot im Bereich Luft-, Raumfahrt sowie Verteidigung.

Elektromagnetische Verträglichkeit

Eine der zentralen EMV-Normen in diesem Bereich ist die MIL-STD-461, ein US-amerikanischer Militärstandard. Sie definiert Prüfanforderungen für die elektromagnetische Störaussendung und Störfestigkeit von elektronischen, elektrischen und elektromechanischen Geräten sowie Subsystemen. Das US-Verteidigungsministerium führte die MIL-STD-461 im Jahr 1967 ein, um Aspekte der elektromagnetischen Verträglichkeit in die Entwicklung militärischer Kommunikationstechnologien einzubeziehen.

Seit ihrer Einführung wurde die Norm mehrfach überarbeitet. Die aktuelle Revision, MIL-STD-461G, wurde im Jahr 2015 veröffentlicht. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit und Effizienz elektronischer und elektrischer Systeme in anspruchsvollen Umgebungen. Ziel ist es, sicherzustellen, dass Systeme zuverlässig funktionieren, ohne durch elektromagnetische Interferenzen (EMI) beeinträchtigt zu werden oder selbst solche Störungen zu verursachen.

Wie viele andere EMV-Normen legt auch die MIL-STD-461 spezifische Grenzwerte für die zulässige elektromagnetische Emission und Störfestigkeit von Geräten, Systemen und Subsystemen fest. Diese Anforderungen sind darauf ausgelegt, einen sicheren und störungsfreien Betrieb im Gesamtsystem zu gewährleisten, auch unter Bedingungen, die deutlich über den zivilen Prüfpegeln (z. B. CE-Kennzeichnung) liegen. Gerade in der Luft- und Raumfahrt sowie im Verteidigungsbereich ist dies essenziell.

Werden klassische industrielle Geräte und Systeme für den Einsatz in militärischen oder luftfahrtspezifischen Anwendungen vorgesehen, müssen die unterschiedlichen EMV-Anforderungen entwicklungstechnisch grundlegend validiert und angepasst werden. Die Prüfverfahren, insbesondere die Prüfaufbauten, unterscheiden sich erheblich und sind daher nicht direkt vergleichbar. Eine gewisse Analogie besteht lediglich zu den Automotive-Prüfverfahren, beispielsweise hinsichtlich des typischen Abstands von 1 m zwischen Prüfling und Antenne bei der gestrahlten Prüfung.

Im Zusammenhang mit der MIL-STD-461 gibt es unter anderem Tests mit den Bezeichnungen CE101, CE102, RE101, RE102, CS101, CS114, CS115, CS116, CS118, RS101 und RS103.

Analog zur MIL-STD-461 gibt es für den wehrtechnischen Bereich die Normenreihe der VG 95373. Diese ist für neu zu entwickelnde, neu zu beschaffende sowie zu liefernde Geräte im Bereich der Bundeswehr anzuwenden.

Neben den klassischen EMV-Anforderungen nach MIL-STD-461 stellt im Rahmen der EMV-Konzepte von Geräten und Systemen auch das Abschirmverhalten, also die Schirmdämpfung von Materialvarianten und Gehäusen, eine wichtige Grundlage dar. Dabei werden beispielsweise die Materialien gemäß ASTM D 4935 sowie Gehäuse gemäß VG 95373-15 und IEEE Std 299 bewertet. Weitere Informationen zur Schirmdämpfungsmessung finden Sie hier.

Zusätzlich zu den klassischen Geräten und Systemen in der Luft- und Raumfahrtmuss auch der Einsatz medizinischer Geräte hinsichtlich ihrer elektromagnetischen Verträglichkeit betrachtet werden. Der Grund hierfür liegt in der besonderen Einsatzumgebung, dem sogenannten Intended Use. Während die klassischen Umgebungen in professionellen Einrichtungen des Gesundheitswesens (z.B. Krankenhäuser) oder im häuslichen Bereich bzw. des täglichen Lebens mehr oder weniger typisch sind, stellt beispielsweise der militärische Bereich eine spezielle Einsatzumgebung dar. Dies wird auch in der IEC 60601-1-2 beschrieben und muss gemäß Anhang E im Rahmen des Risikomanagements bewertet sowie ggf. durch zusätzliche Prüfungen oder höhere Prüfpegel verifiziert werden. Inwieweit dies Anforderungen der MIL-STD-461 betrifft, ergibt sich aus der Risikobetrachtung und/oder den Vorgaben des Endkunden. Die zuverlässige Funktionalität und Sicherheit dieser kritischen Geräte und Systeme muss auch unter diesen speziellen Umgebungsbedingungen sichergestellt sein.

Viele unserer EMV-Prüfverfahren aus der Medizintechnik – insbesondere gemäß IEC 60601-1-2 – lassen sich auch auf militärische und luftfahrtspezifische Anwendungen übertragen. Unsere Expertise in der Durchführung von Störfestigkeits- und Störaussendungsmessungen in anspruchsvollen Umgebungen ergänzt die Anforderungen der MIL-STD-461 in idealer Weise, beispielsweise bei der Bewertung mobiler medizinischer Geräte im Feldeinsatz. Weitere Informationen zu unseren Dienstleistungen im Bereich Medizintechnik finden Sie hier.

Als Prüflabor bieten wir umfassende Dienstleistungen zur Überprüfung der Konformität mit der Normenreihe MIL-STD-461, VG 95373 und anderen relevanten Normen an. Wir unterstützen Sie dabei, die Qualität Ihrer Produkte nachzuweisen und die strengen Anforderungen dieser Standards zu erfüllen.

In unserem akkreditierten EMV-Labor unterstützen wir Kunden aus vielen Branchen mit umfangreichen Tests und Prüfungen nach verschiedenen Normen im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV). So können bereits in der frühen Phase der Produktentwicklung die besonderen Anforderungen an Komponenten, Geräte und Systeme berücksichtigt werden. Hierfür stehen 5 Absorberräume und 3 geschirmte Messzellen unterschiedlicher Größe sowie zahlreiche weitere Prüfeinrichtungen zur Verfügung. Weitere Informationen zur EMV-Prüfung finden Sie hier.

Elektrische Sicherheit

Viele Geräte und Systeme im Bereich der Luft- und Raumfahrt müssen strengeren Anforderungen an die elektrische Sicherheit genügen. Je nach Einsatzbereich und Anwendung kommen insbesondere folgende Normen zum Tragen:

  • Zivile Normen als Grundlage: Für die Entwicklung und Beschaffung luft- und raumfahrttechnischer Komponenten werden in der Regel zivile Normen (DIN, EN, IEC, ISO) herangezogen. Werden besondere Anforderungen aus dem Bereich der Verteidigung oder aus extremen Einsatzumgebungen nicht ausreichend abgedeckt, versuchen Experten aus dem wehrtechnischen Bereich die notwendigen Anpassungen in bestehende Regelwerke zu integrieren. (DIN = Deutsches Institut für Normung EN = Europäische Norm, IEC = Internationale Elektrotechnische Kommission, oder ISO = International Organization for Standardization). Typische Normen aus dem zivilen Bereich sind unter anderem:

    • DIN EN / IEC 61010-1: Diese Norm definiert die Sicherheitsanforderungen für elektrische Mess-, Steuer-, Regel- und Laborgeräte. Da diese häufig in der Steuerungs- und Regelungstechnik eingesetzt werden, ist eine Prüfung auf die Einhaltung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen unerlässlich.
    • DIN EN / IEC 62368-1: Für Geräte der Telekommunikation und verwandter Technologien (Einrichtungen für Audio/Video-, Informations- und Kommunikationstechnik) ist diese Norm maßgeblich, um die erforderlichen Sicherheitsanforderungen zu gewährleisten.
    • IEC 60601-1-12: Diese Norm kommt zur Anwendung, wenn medizinische Geräte in einer Notfallumgebung eingesetzt werden. Hierzu zählen unter anderem luftfahrttechnische Umgebungen und humanitäre Einsätze mit militärischer Unterstützung. Im Zusammenhang mit der IEC 60601 legt diese grundlegende Anforderungen an die elektrische Sicherheit für Medizingeräte in solchen Anwendungsfällen fest.
  • Spezifische Normen im Bereich Verteidigung: Sollte eine zivile Norm begründete verteidigungstechnische Anforderungen nicht berücksichtigen, kommen ergänzende Standards wie Verteidigungsgeräte-Normen (VG-Normen) bzw. Werkstoffleistungsblätter (WL-Blätter) zur Anwendung. Diese werden durch Fachgremien innerhalb der DIN (Deutsches Institut für Normung) erarbeitet. Sobald zivile Normen die Anforderungen zufriedenstellend abdecken, werden die entsprechenden wehrtechnischen Normen zurückgezogen. 
  • Europäische Normen: Auf europäischer Ebene stellt das Europäische Komitee für Normung CEN (Comité Européen de Normalisation) die relevanten Standards bereit. Eine entsprechende Internet-Datenbank listet die anwendbaren Normen auf, einschließlich der oben aufgeführten IEC-Versionen, und gibt Empfehlungen für den Einsatz von „Best Practise Standards“ in den relevanten Technologiebereichen (European Defence Agency - EDSTAR).

Unsere Labore verfügen über langjährige Erfahrung, auch in Normungsgremien, und bieten entsprechende Prüfeinrichtungen für Komponenten, Geräte oder auch größere Systeme, um die Einsatzfähigkeit Ihre Produkte auch unter anspruchsvollen Bedingungen zu qualifizieren. Weitere Informationen zu unseren Dienstleistungen im Bereich elektrische Sicherheit finden Sie hier.  

Umweltprüfungen

Um die Robustheit und Zuverlässigkeit von Materialien, Komponenten und Systemen unter realen Einsatzbedingungen zu bewerten, spielen Umweltprüfungen eine zentrale Rolle. In den Bereichen Luftfahrt und Verteidigung gelten die Normen MIL-STD-810 und RTCA DO-160 als etablierte Standards. Beide decken eine Vielzahl von Umweltfaktoren ab - darunter Feuchtigkeit, Vibration, Schock, Temperaturen sowie weitere typische Belastungen wie Luftdruck. Sie definieren spezifische, an realen Bedingungen angelehnte Testmethoden und -verfahren, um die Auswirkungen dieser Umweltbedingungen auf die Funktionalität und Zuverlässigkeit von Geräten zu bewerten.

Obwohl die MIL-STD-810 ursprünglich für militärische Anwendungen entwickelt wurde, sind die dort beschriebenen Prüfverfahren auch für alle anderen Produkte relevant, die während ihres Einsatzes oder Transports signifikanten Umweltbelastungen ausgesetzt sind – seien diese mechanischer, klimatischer oder korrosiver Natur.

Auch in der Medizintechnik gewinnen Umwelt- und Lebensdauerprüfungen wie Schock-, Vibrations- oder Klimatests zunehmend an Bedeutung – insbesondere, bei mobilen, tragbaren oder feldtauglichen Medizingeräten. Unsere Labore bieten hierfür Prüfungen nach MIL-STD-810, RTCA DO-160 oder IEC 60068-x an, wodurch sich Synergien mit den spezifischen Anforderungen in der Luft- und Raumfahrt sowie anderen Branchen ergeben.

So werden die vielfältigen Prüfverfahren der MIL-STD-810 in ihren differenzierten Schärfegraden auch zur Qualifizierung von Komponenten und Geräten der Automobilindustrie, der Bahn, der Luftfahrt, der Kommunikationstechnik oder der Medizintechnik eingesetzt. Unsere Laboratorien verfügen über entsprechende Prüfeinrichtungen – z.B. Klimakammern oder elektrodynamische Shaker – in unterschiedlichen Größen und Leistungsklassen, um diese Belastungen für Komponenten, Geräte oder auch größere Systeme abzubilden.

Weitere Informationen zu unseren Dienstleistungen im Bereich Umweltsimulation finden Sie hier.

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